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Lehrerstreik am Abiturtag : Berliner Schülerausschuss nennt Vorhaben der GEW „erschreckend“

Harsche Kritik an der Gewerkschaftsentscheidung für einen Streik am Prüfungstag des 7. April kommt auch von Elternseite. Die GEW verteidigt ihre Pläne.

Lehrerstreik am Abiturtag : Berliner Schülerausschuss nennt Vorhaben der GEW „erschreckend“

Massive Kritik von vielen Seiten erntet die GEW für ihren geplanten Streik am 7. April, einem Abiturtag.Foto: Felix Kästle/dpa

Mit ihrem Votum für einen Warnstreik an einem Abitur-Prüfungstag hat die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) nicht nur nach Ansicht von Eltern- und Schülervertretern einen Fehler gemacht. Massive Kritik an dem Vorhaben für den 7. April kommt von Schulleitungen, erste erwägen Austritte, ein langjähriger GEW-Funktionär meldete sich am Mittwoch mit einem offenen Brief. Doch die GEW bleibt bei ihrer Terminierung.

Es sei „schwer, zwischen April und Juni einen Tag zu finden, an dem keine Abiturprüfungen stattfinden“, erläuterte Sprecher Markus Hanisch die Entscheidung. Wie berichtet fordert die GEW einen Tarifvertrag für Gesundheitsschutz. Hauptziel ist die Verkleinerung der Lerngruppen. Nachdem die Finanzverwaltung die Forderung nach Tarifverhandlungen seit Januar unbeantwortet ließ, sah die GEW sich berechtigt, ihre Interessen mit einem Warnstreik zu bekräftigen. Das hatte sie am Montag angekündigt.

Der Landesschülerausschuss nannte es „erschreckend, dass die GEW eine solch angespannte Situation für die Schüler:innen absichtlich ausnutzt, um somit ihrem Streik mehr Nachdruck zu verschaffen“. Statt der politischen Entscheidungsträger werde vor allem die Schülerschaft „mit voller Härte vom Streik getroffen“.

Der Landeselternausschuss gab zu bedenken, dass es „kein Streik wäre“, wenn es nicht an irgendeiner Stelle „weh“-täte. Nach zwei Jahren Pandemie an einem Prüfungstag zu streiken, lasse aber „Empathie für die Betroffenen vermissen“. Daher „hofft“ das höchste Elterngremium, „dass die Beteiligung gegen null geht“. Der Vorsitzende Norman Heise verwies zudem darauf, dass der akute Lehrkräfte- und Raummangel gegen die „wichtigen“ GEW-Forderungen spreche.

„Belastungen bei den Schwächsten“

Mit einem offenen Brief meldete sich ein prominenter ehemaliger GEW-Funktionär kritisch zu Wort, und zwar Wilfried Seiring, der der Bildungsgewerkschaft seit 66 Jahren angehört und auf Landes- sowie Bundesebene zahlreiche Funktionen innehatte, bis er Berlins erster Landesschulamtsleiter wurde. „Gewiss“ lasse sich über die Forderung nach kleineren Klassen „aus pädagogischer Sicht und aus Gründen der Arbeitsbelastung“ diskutieren. Aber Seiring nennt es „fatal“, an einem Abiturprüfungstag zum Streik aufzurufen. Das gehe „zulasten der Kollegen, vor allem aber entstehen Belastungen bei den Schwächsten, den Schülern nämlich“. Die hätten nach Seirings Ansicht „einen Anspruch, in vertrauter Atmosphäre ihr Abitur abzulegen“. Der Beschluss zum Warnstreik berühre „die Glaubwürdigkeit unseres gewerkschaftlichen Handelns“, so Seiring weiter.

Schulleiterverbände: Lehrkräfte geraten in Gewissensnöte

Wie berichtet hatten Schulleiterverbände bereits gemahnt, dass die Lehrkräfte durch den derart terminierten Streik in Gewissensnöte kämen. Zudem erwägen nach Informationen des Tagesspiegels einzelne Schulleitungen ihren GEW-Austritt. Das Verhältnis sei ohnehin sei schon lange dadurch belastet, dass die Gewerkschaft permanent behaupte, dass die jahrelange Abwanderung von Lehrkräften nicht mit der fehlenden Verbeamtung zusammenhänge.

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GEW-Sprecher Hanisch sagte, er könne dem Tagesspiegel „über Austritte oder deren Anzahl keine Auskunft geben“. Es gebe „natürlich“ einzelne, die sich „kritisch an uns wenden und den Termin als schwierig empfinden“. Es fänden aber nicht an allen Schulen Prüfungen statt. Die GEW-Tarifkommission habe „den Termin sorgfältig abgewogen“.

Die Vorsitzende der GEW-Schulleitervereinigung, Gunilla Neukirchen, sieht das Datum „sehr kritisch“. Sie habe die Prüfungen einen Tag vorverlegt, um den Betroffenen die Unsicherheit zu ersparen. Der organisatorische Aufwand sei aber enorm, zumal die Schulen gerade mit der Aufnahme ukrainischer Schüler beschäftigt seien.

Die CDU sieht „Zeichen großer Frustration“

Ganz anders fiel eine Reaktion aus der Opposition aus. Die bildungspolitische Sprecherin der CDU-Fraktion, Katharina Günther-Wünsch, nannte das GEW-Vorhaben auf Anfrage „ein Zeichen großer Frustration“. Die Pädagogen hätten wohl den Eindruck, „anders kein Gehör/keine Aufmerksamkeit von Ihrer Verwaltung mehr zu bekommen“.

Die Erfahrung der letzten Jahre bei ähnlichen terminlichen Konstellationen zeige aber auch, so Günther-Wünsch, „dass es zu keinen nennenswerten Beeinträchtigungen geschweige denn Nachteilen für die Schülerinnen und Schüler gekommen ist. Den Schulleitungen und den Pädagogen vor Ort sei es „stets gelungen, den regelhaften Betrieb aufrechtzuerhalten“.

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