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Fünf Jahre Haft für KZ-Wachmann (101)SCHULDIG!

Richter: „Er hatte den Rauch des Krematoriums ständig in der Nase“

Fünf Jahre Haft für KZ-Wachmann (101)SCHULDIG!

KZ-Wachmann Josef S. (101) am Dienstag im Prozess um Beihilfe zum Mord an Tausenden KZ-Insassen in Sachsenhausen​

Foto: M.Firyn Teilen Twittern SendenVon: Matthias Lukaschewitsch und Hans-Wilhelm Saure 28.06.2022 – 17:26 Uhr

Es ist einer der wohl letzten Prozesse um die Tötungsmaschinerie der Nazis. Eine der letzten Gelegenheiten für die wenigen überlebenden Opfer, auf Gerechtigkeit hoffen zu dürfen …

Brandenburg/Havel – Nach 34 Verhandlungstagen steht fest: KZ-Wachmann Josef S. (101) ist schuldig. 77 Jahre nach der Befreiung des Konzentrationslagers Sachsenhausen ist SS-Wachmann Josef S. (101) jetzt vom Landgericht Neuruppin zu fünf Jahren Haft verurteilt worden – wegen Beihilfe zum Mord an Insassen in 3158 Fällen!

Mit direkten Worten wandte sich der Vorsitzende Richter Udo Lechtermann (67) an den greisen Angeklagten: „Herr S., Sie wollten uns über 34 Verhandlungstage Glauben machen, dass Sie nicht der Wachmann Josef S. sind, der laut SS-Akten als Wachmann in Sachsenhausen Dienst getan hat. Herr S., wir glauben Ihnen das nicht. Es gibt keinen anderen Josef S. mit dem Geburtsdatum und dem Geburtsort in dem 100 Einwohner-Ort in Litauen, aus dem Sie selbst stammen!“

Fünf Jahre Haft für KZ-Wachmann (101)SCHULDIG!

Josef S. wird mit einem Krankentransport zur Urteilsverkündung gebracht, geht dann mit Rollator in die zum Gerichtssaal umfunktionierte Sporthalle

Foto: M.Firyn

Ohne Regung, fast unbeteiligt, hörte der Angeklagte über viele Prozesstage die Worte des Opferanwalts und des Richters – und so nahm er am Dienstag auch das Urteil auf. Der hochbetagte SS-Wachmann saß, als Einziger im Saal, bei diesen Sätzen. Er hörte die Stimme des Richters über Kopfhörer, weil er schwerhörig, aber sonst kerngesund ist.

Noch am Montag, also bis zuletzt, hatte Josef S. vehement geleugnet, in Sachsenhausen seine mörderische Arbeit verrichtet zu haben. Der Richter: „Sie haben mit Ihrer Funktion als Wachmann den Terror und die Folter gegen die Insassen befördert! Das macht Sie zum Schuldigen im Tötungsräderwerk der Nazis!“

► Das Gericht kommt mit der Haftstrafe von fünf Jahren der Forderung der Anklage nach – und bewegt sich am oberen Limit der Strafmöglichkeit. Die Verteidigung hatte Freispruch gefordert.

Fünf Jahre Haft für KZ-Wachmann (101)SCHULDIG!

Richter Udo Lechtermann fand klare Worte für den KZ-Wachmann

Foto: Mario Firyn

„Fünf Jahre sind Tat und Schuld angemessen. Er kann die Haftentlassung noch erleben. Eine geringere Strafe wäre dem Maß an Schuld nicht gerecht geworden. Dass fast 80 Jahre nicht gegen ihn ermittelt wurde, hat ihn nicht beschwert. Im Gegenteil: Er konnte sein Leben ja leben, ohne behelligt zu werden“, sagt Richter Udo Lechtermann.

Und weiter: „Das ungesühnte Schicksal der Überlebenden darf von der deutschen Justiz nicht vergessen werden“, deshalb erübrige sich die Frage nach der Notwendigkeit dieses Prozesses.

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