Auch vor der türkischen Botschaft kam es zu Protesten. Aktualisiert am Dienstag, 19.11.2013, 00:55
Die gewaltsame Räumung des Gezi-Parks in Istanbul hat Protestdemonstrationen vor der Türkischen Botschaft in Berlin ausgelöst. „Taksim ist überall“ riefen die Menschen aus Solidarität mit der Protestbewegung in der Türkei. Zahlreiche Künstler richteten einen Appell an Kanzlerin Angela Merkel (CDU), sich für ein Ende der Gewalt einzusetzen.
Hunderte Menschen zogen am Sonntag vom Kottbusser Tor im Stadtteil Kreuzberg zur Türkischen Botschaft. Bereits in der Nacht zuvor hatte es dort spontane Proteste gegeben, nachdem bekanntgeworden war, dass am Samstagabend die türkische Polizei das Protestlager im Istanbuler Gezi-Park mit Gewalt geräumt hatte. Mit Tränengas war die Polizei auch gegen Demonstranten am Taksim-Platz vorgegangen.
Grünen-Chef Cem Özdemir, der bei der Demonstration in Berlin dabei war, sagte, die Aktion sei eine „Geste der Solidarität“. Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan gefährde mit seinem „harschen Vorgehen“ eigene Erfolge und entwickle sich zu einem autoritären Führer. Eine Vorbild-Rolle für die Demokratie habe er auf dem Taksim-Platz verspielt, sagte Özdemir. Die Protestbewegung gegen die Regierung Erdogans kann aus Sicht des Grünen-Chefs auch Folgen für das Zusammenleben der Türken in Deutschland haben. „Die Polarisierung ist stärker geworden. Es gibt wieder eine stärkere Teilung in Anhänger und Gegner Erdogans.“
Auch Berlins Integrationssenatorin Dilek Kolat (SPD) solidarisierte sich mit den Demonstranten in der Türkei und kritisierte Ministerpräsident Erdogan. Sie schrieb im „Tagesspiegel“ (Sonntag): „Eigentlich gab es genug Anzeichen dafür, dass die Reformen eher auf dem Papier stehen, als dass Erdogan ein wirklicher Demokrat ist, der für die kulturelle, ethnische und religiöse Vielfalt in der Türkei steht.“
Die Krise in der Türkei hat laut Kolat auch Folgen für das Leben der Migranten in Deutschland. „Jede gesellschaftliche Entwicklung dort ist auch hier zu spüren und wirkt sich auf unsere Gesellschaft aus“, schrieb die Senatorin. „Die gesellschaftlichen Konflikte, die jetzt in Istanbul kulminieren, werden verstärkt auch in der türkischen Community in Berlin ausgetragen. Ganze Familien zerstreiten sich zurzeit, und Integration endet leider häufiger als früher an der Haustür.“